Medizinprodukte

Viele Mitgliedsfirmen von Pharma Deutschland bieten neben Arzneimitteln auch stoffliche Medizinprodukte, dentale Medizinprodukte oder Software an. Pharma Deutschland engagiert sich seit vielen Jahren im Medizinproduktebereich – sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene.

[glossar] Was ist ein Medizinprodukt? :::

Ein Medizinprodukt ist gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2017/745 (MDR) ein Instrument, ein Apparat, ein Gerät, eine Software, ein Implantat, ein Reagenz, ein Material oder ein anderer Gegenstand, der dem Hersteller zufolge für Menschen bestimmt ist und allein oder in Kombination einen oder mehrere spezifische medizinische Zwecke erfüllen soll. Dies können beispielsweise Produkte wie Krankenhausbetten, Zahnersatz, Brillen, Kompressionsstrümpfe, Tupfer, Spritzen, Implantate, Herzschrittmacher oder Röntgengeräte sein.

Darüber hinaus gibt es die Kategorie der sogenannten stofflichen Medizinprodukte. Sie ähneln von der Darreichungsform beziehungsweise der Produkt-Aufmachung her Arzneimitteln, wobei die Hauptwirkung im Unterschied zu Arzneimitteln primär nicht pharmakologisch, metabolisch oder immunologisch, sondern beispielsweise physikalisch oder physikochemisch erfolgt.

Stoffliche Medizinprodukte sind beispielsweise Meerwasser-Nasensprays, Lutschtabletten, Heilerden, Produkte gegen Sodbrennen, bestimmte Sättigungspräparate sowie Abführ- oder Kopflaus-Mittel. [/glossar]

[glossar] Wie sicher sind Medizinprodukte? :::

Medizinprodukte unterliegen strengen Anforderungen, die unter anderem in der MDR und im deutschen Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz und in den deutschen Verordnungen verankert sind.

Das CE-Kennzeichen auf Medizinprodukten ist ein Qualitätssiegel, das außen sichtbar am Produkt angebracht ist. Es zeigt an, dass die regulatorischen Anforderungen erfüllt sind und dass das Produkt sicher ist.

Der Hersteller darf es nur dann anbringen, wenn er umfangreiche Prüfungen vorgenommen und auch bestanden hat. Diese sind unterschiedlich aufwändig – je nachdem, welches Risiko mit dem Produkt einhergeht. So müssen risikoarme Produkte – wie Gehhilfen – geringere Anforderungen erfüllen als Hochrisiko-Produkte wie Herzschrittmacher. [/glossar]

[glossar] Wie werden Medizinprodukte klassifiziert? :::

Medizinprodukte werden unter Berücksichtigung ihrer Zweckbestimmung und der damit verbundenen Risiken in die Klassen I (niedriges Risiko), IIa, IIb (mittleres Risiko) und III (hohes Risiko) eingestuft. Die Klassifizierung erfolgt gemäß 22 Klassifizierungsregeln, die in Anhang VIII MDR festgelegt sind. Im Vergleich mit dem alten Recht (Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG) haben sich einige Klassifizierungsregeln geändert und führen jetzt zu anderen (höheren) Klassen. Medizinprodukte der Klasse I können darüber hinaus in die speziellen Risikoklassen Is (steril), Im (mit Messfunktion) und Ir (wiederverwendbare chirurgische Instrumente) eingestuft werden. [/glossar]

[glossar] Wie wird die Konformität mit den Anforderungen der MDR sichergestellt? :::

Hersteller von Medizinprodukten der Klasse I, ausgenommen Sonderanfertigungen oder Prüfprodukte, erklären die Konformität ihrer Produkte durch Ausstellung einer EU-Konformitätserklärung, nachdem sie die technische Dokumentation erstellt haben (sogenannte Selbstzertifizierung). Hierzu benötigen sie keine Benannte Stelle. Viele nach dem alten Recht in der Klasse I eingestuften Medizinprodukte werden aber gemäß den neuen Klassifizierungsregeln in der MDR höher eingestuft, und die Hersteller von solchen Produkten brauchen zum ersten Mal eine Benannte Stelle. Die Benannten Stellen müssen prüfen, ob die Medizinprodukte der Klassen IIa, IIb, III der geltenden MDR genügen und müssen diese zertifizieren. Dies ist ein sehr komplexer Prozess.

Für Produkte der Klasse Is, Im und Ir ist die Beteiligung der Benannten Stelle an diesen Verfahren der Ausstellung einer EU-Konformitätsbewertung jedoch begrenzt (siehe dazu Artikel 52 Absatz 7 MDR). Bei Produkten, die in sterilem Zustand in Verkehr gebracht werden (Is), überprüft die Benannte Stelle die Aspekte, die mit der Herstellung, der Sicherung und der Aufrechterhaltung steriler Bedingungen zusammenhängen, bei Produkten mit Messfunktion (Im) die Aspekte, die mit der Konformität der Produkte mit den messtechnischen Anforderungen zusammenhängen, und bei wiederverwendbaren chirurgischen Instrumenten (Ir) die Aspekte, die mit der Wiederverwendung in Zusammenhang stehen, insbesondere die Reinigung, Desinfektion, Sterilisation, Wartung und Funktionsprüfung sowie die damit verbundenen Gebrauchsanweisungen. [/glossar]

[glossar] Wie ist der Stand der Benennung der Benannten Stellen nach der MDR? :::

Um eine Benennung nach der MDR zu erhalten, müssen alle Benannten Stellen in einem sogenannten Neubewertungsverfahren – einem sehr komplexen und zeitlich aufwändigen Verfahren, das einen Zeitraum von 18 Monaten umfasst – erneut von nationalen und europäischen Behörden überprüft werden (siehe hierzu auch MDR Kapitel IV Benannte Stellen Artikel 35 ff.). Es hat sich gezeigt, dass der Prozess der Notifizierung der Benannten Stellen nach dem neuen Recht viel komplexer und langwieriger ist, als es von allen Beteiligten erwartet wurde.

Mit Stand vom 23. April 2024 wurden 46 für die CE-Kennzeichnung benötigte Benannte Stellen nach MDR abschließend geprüft.

Pharma Deutschland setzt sich weiterhin für eine schnellere Benennung der Benannten Stellen ein. [/glossar]

[glossar] Was bietet Pharma Deutschland den Medizinprodukte-Herstellern? :::

Um den fachlichen Austausch zwischen seinen Medizinprodukte-Herstellern zu fördern, hat Pharma Deutschland einen eigenen Ausschuss „Stoffliche Medizinprodukte“ gegründet. In diesem diskutieren die Mitglieder aktuelle Themen und erarbeiten Lösungsansätze, damit Medizinprodukte-Hersteller die rechtlichen Anforderungen praxisnah und effizient umsetzen können.

Eine Besonderheit innerhalb des Medizinproduktebereichs sind dentale Medizinprodukte, wie etwa Zahnfüllmaterialien oder Zahnersatz. Hersteller dieser Produkte unterstützt Pharma Deutschland mit einer eigenen Arbeitsgruppe Dental.

Darüber hinaus bietet Pharma Deutschland seinen Mitgliedern elf weitere Arbeitsgruppen und Arbeitskreise im Bereich Medizinprodukte:

  • AK SOPs für Medizinprodukte;
  • AG Medizinische Gase;
  • AG Klinische Bewertung Medizinprodukte;
  • AG Umsetzung der MDR für dentale Produkte;
  • AG Vigilanz bei Medizinprodukten;
  • AG OEM-PLM (Fertigproduktlieferant);
  • AG Ästhetische Medizin;
  • AK Chemikalienrecht Arzneimittel und Medizinprodukte;
  • AG Klinische Prüfung von Arzneimitteln und Medizinprodukten;
  • AG EUDAMED-Erfahrungsaustausch;
  • AG Erfahrungsaustausch Arzneimittel-Medizinprodukte-Kombinationen.

Die beiden Mitarbeiterinnen im Bereich Medizinprodukte, Marie Anton (anton@pharmadeutschland.de) und Dr. Heike Wollersen (wollersen@pharmadeutschland.de), stehen den Mitgliedern für fachliche Beratung telefonisch und per E-Mail zur Verfügung. [/glossar]

[glossar] Wie engagiert sich der Verband im Medizinproduktebereich? :::

Die Produkte unserer Mitgliedsfirmen werden seit Jahren sicher angewendet. Die MDR trat am 26. Mai 2017 in Kraft und sieht eine Vielzahl verschärfter Anforderungen vor, von denen auch stoffliche und dentale Medizinprodukte sowie Software betroffen sind. Der Geltungsbeginn der MDR wurde im April 2020 aufgrund der Corona-Pandemie um zwölf Monate auf den 26. Mai 2021 verschoben. Dafür hatte sich Pharma Deutschland stark engagiert.

Viele dieser zusätzlichen Belastungen stellen gerade für kleine und mittelständische Unternehmen enorme bürokratische Hürden dar, ohne für die Patientensicherheit einen entscheidenden Mehrwert mit sich zu bringen. Vielmehr könnten einige der Anforderungen dazu führen, dass bestimmte Produkte dem Patienten künftig nicht mehr zur Verfügung stehen. Die am 20. März 2023 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichte Verordnung (EU) 2023/607 wurde erlassen, um den Herstellern u.a. längere Übergangsfristen für die Implementierung der neuen Vorschriften der MDR einzuräumen. Diese Maßnahme ist leider nicht ausreichend, um das Problem des zunehmenden Mangels an Medizinprodukten zu lösen. Pharma Deutschland setzt sich dafür ein, dass Medizinprodukte-Hersteller auch weiterhin Innovationen auf den Markt bringen und Patienten ihre Produkte zur Verfügung stellen können. Die Implementierung der MDR muss daher pragmatisch und mit Augenmaß erfolgen. Pharma Deutschland vertritt die Interessen seiner Mitglieder sowohl auf deutscher als auch auf europäischer Ebene und steht in engem Austausch mit dem Bundesministerium für Gesundheit sowie mit zahlreichen Akteuren auf europäischer Ebene, um bei der Implementierung der neuen Regelungen sowie beim Erlass nicht-legislativer Maßnahmen mitzuwirken.
 
Die Europäische Kommission hat angekündigt, bis Mai 2027 eine umfassende kritische Bewertung der MDR vorzunehmen. Sollte sich herausstellen, dass durch die neuen Vorschriften die Ziele nicht erreicht werden oder sich eine negative Auswirkung auf die Patientensicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die medizinische Innovation ergibt, wird die Europäische Kommission gegebenenfalls Änderungen vorschlagen. Dies könnte auf weitere Änderungen der MDR hindeuten. Diese wären notwendig, um verbindliche Fristen für die Konformitätsbewertungsverfahren und die Ausstellung der Zertifikate gemäß Anhang VII der MDR festzulegen, Kosten vorherzusehen und zu reduzieren, die im Gesetz festgelegte maximale Gültigkeitsdauer von Zertifizierungsbescheinigungen abzuschaffen sowie im Rahmen der klinischen Bewertung die Anwendung des „Äquivalenz-Prinzips“ in der Praxis zu ermöglichen. Auch die Förderung des Dialogs zwischen Benannten Stellen und Herstellern ist unerlässlich. Pharma Deutschland engagiert sich für eine erneute Änderung der MDR. [/glossar]

MPJ-Podcast „Medizinprodukte - Frei Schnauze“

Der Podcast zu den aktuellen Themen der Medizinproduktebranche für Wissenschaftler, Hersteller, Händler und Betreiber von Medizinprodukten. Offen diskutiert und erörtert von den drei Herausgebern der Fachzeitschrift „Medizinprodukte-Journal“.

Der Podcast ist eine bewusst offene, nicht einseitig referierende lockere Gesprächsrunde zu den aktuellen Themen der Branche als Einführung, Ergänzung, Vertiefung und Information parallel zur dazugehörigen Ausgabe des Medizinprodukte-Journals. Seitens Pharma Deutschland ergänzt Marie Anton-Ambach das Herausgeberteam und begleitet aktiv den Podcast.

Sie finden den Podcast auf der Webseite des Medizinprodukte-Journals.

 

Pressemitteilung

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