Arzneimittel und Umwelt
Zahlreiche Stoffe einschließlich Arzneistoffen in den Gewässern werden als zunehmendes Umweltproblem wahrgenommen. Auf nationaler und auf europäischer Ebene wurden Überlegungen angestellt und Aktivitäten vorbereitet, die darauf abzielen, Spurenstoff-Einträge in die Gewässer orientiert am Vorsorge- und Verursacherprinzip effizient zu reduzieren. Außerdem haben Arzneimittel-Hersteller in Europa proaktiv eine Verbändeinitiative gestartet, um die Umweltverträglichkeit von Arzneistoffen zu verbessern. Bei den Diskussionen zu den Umweltbelangen sollte jedoch sichergestellt werden, dass Patienten der Zugang zu Arzneimitteln nicht erschwert wird.
[glossar] Spurenstoffstrategie des Bundes :::
Im Zeitraum vom November 2016 bis Juni 2017 wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) und des Umweltbundesamts die erste Phase eines Stakeholder-Dialogs zur Vorbereitung einer Strategie des Bundes zum Schutz der Gewässer vor anthropogenen Spurenstoffen durchgeführt. Ziel dieses Dialog-Prozesses war es, „einen gemeinsamen Beitrag für die Festlegung der politischen Schwerpunkte im Themenbereich Spurenstoffe in der nächsten Legislaturperiode“ zu entwickeln. Im Mittelpunkt standen Stoffe, die in sehr geringen Konzentrationen in den Gewässern vorkommen und sich negativ auf die Qualität der Gewässer auswirken können. Die angesprochenen Spurenstoffe können aus den Bereichen Arzneimittel, Biozide, Pflanzenschutzmittel, Waschmittel/Kosmetika und Haushalts- bzw. Industriechemikalien stammen. Der Dialog wurde im November 2016 offiziell mit einer Auftaktveranstaltung im BMUB gestartet. In vier Workshops wurden insgesamt 14 Handlungsempfehlungen erarbeitet. Was den Arzneimittelbereich betrifft, sind nationale Maßnahmen nicht isoliert, sondern unter Berücksichtigung des europäischen Prozesses zu sehen.
Die erste Phase der „Spurenstoffstrategie des Bundes“ wurde im Juni 2017 mit der offiziellen Übergabe der Empfehlungen des Stakeholder-Dialogs abgeschlossen.
Im Februar 2018 startete Phase 2 des Stakeholder-Dialogs „Spurenstoffstrategie des Bundes“ mit dem Ziel der Konkretisierung der Arbeitsaufträge aus Phase 1 sowie der Erarbeitung von Empfehlungen zur Finanzierung möglicher Maßnahmen. Die beteiligten Fachkreise diskutierten und identifizierten auf Grundlage der Ergebnisse der Phase 1 Maßnahmen und Vorgehensweisen zu einem Umgang mit Spurenstoffen, der die Umwelt entlastet. Der umfangreiche Ergebnisbericht dieser Initiative wurde am 19. März 2019 offiziell übergeben.
Entsprechend des Ergebnisberichtes zur 2. Phase der Spurenstoffstrategie hat das BMUB am 1. September 2019 die einjährige Pilotphase (bis zum 31. August 2020) eröffnet. Gemäß dem Ergebnisbericht hat wurde ein unabhängiges Expertengremium zur Bewertung relevanter Spurenstoffe berufen, welches am 5. Dezember 2019 das erste Mal tagte. Des Weiteren hat das Ministerium den ersten Runden Tisch Röntgenkontrastmittel (RKM) initiiert, der sich mit Maßnahmen zur Reduktion von RKM beschäftigen soll. Die Auftaktsitzung fand am 16. Dezember 2019 statt.
Weitere Informationen zum Thema finden sich auf der Webseite des BMUB. [/glossar]
[glossar] Europäische Verbändeinitiative IAI PIE :::
Um schnellstmöglich Lösungsansätze zu entwickeln, haben die europäischen Arzneimittelverbände bereits im Vorfeld proaktiv die europäische Verbändeinitiative IAI PIE (Inter-Association Initiative on Pharmaceuticals in the Environment) gegründet. Diese Verbändeinitiative hat das sogenannte „Eco-Pharmaco-Stewardship (EPS)-Konzept“ entwickelt, das den gesamten Lebenszyklus eines Arzneimittels betrachtet und sich mit den Aufgaben und Verantwortlichkeiten aller Beteiligten befasst.
Das EPS-Konzept besteht aus drei Säulen: Die erste Säule beschreibt die Forschung und Entwicklung sowie die erkenntnisgestützte Risikobewertung von Arzneistoffen in der Umwelt. Die zweite Säule umfasst die Arzneimittel-Herstellung und das Abwassermanagement. Die dritte Säule steht für eine erweiterte Umweltrisikobewertung, die auch die seit langem verwendeten Arzneistoffe einbezieht. Alle drei Säulen haben das Ziel, neue Erkenntnisse zur Umweltverträglichkeit von Arzneistoffen zu gewinnen und den Eintrag von Arzneistoffen in die Umwelt zu reduzieren.
Zudem hat die Verbändeinitiative IAI PIE mit weiteren Organisationen die „MEDSdisposal-Kampagne“ ins Leben gerufen. Diese setzt sich für eine sachgerechte Entsorgung von nicht mehr benötigten Arzneimitteln in Europa ein. [/glossar]
[glossar] Mitteilung der Europäischen Kommission :::
Die Europäische Kommission stellt in ihrer Mitteilung über einen strategischen Ansatz für Arzneimittel in der Umwelt vom März 2019 eine umfassende Betrachtung aller relevanten Ansatzpunkte dar, die bei Maßnahmen zur Entlastung der Umwelt hinsichtlich Arzneistoffen aus Human- und Veterinärarzneimitteln zu berücksichtigen sind. Das Strategiepapier richtet sich an eine Vielzahl an Stakeholdern, und es bringt klar zum Ausdruck, dass die Wirksamkeit von Arzneimitteln und ihr therapeutischer Einsatz einen hohen Wert darstellen. Es wird deutlich, dass eine nennenswerte Umweltentlastung nur dann erreicht werden kann, wenn viele Maßnahmen gleichzeitig eingeleitet werden. [/glossar]
[glossar] Bewertung von Pharma Deutschland :::
Die Verringerung der Arzneistoffe, die in die Umwelt gelangen, ist für Pharma Deutschland und seine Mitglieder ein wichtiges Thema. Dabei sollte jedoch die medizinische Versorgung der Patienten mit wirksamen und sicheren Arzneimitteln oberste Priorität haben. Insofern sollte bei der Entscheidung über die Zulassung oder Anwendung eines Arzneimittels immer der Nutzen des Arzneimittels im Vordergrund stehen. Nur so kann für die Patienten ein schneller und nachhaltiger Zugang zu einer hochwertigen und effektiven Arzneimitteltherapie sichergestellt werden. [/glossar]