Medizinische Register: Schlüssel für die Medizin von morgen
Bei der heutigen Fachtagung „Forschung anders gedacht: Können Registerdaten die Evidenzlücken von morgen schließen?“ hat Pharma Deutschland die zentrale Bedeutung medizinischer Register für den Forschungsstandort Deutschland hervorgehoben. Für eine optimale Nutzung dieser Daten braucht es jedoch einen klaren gesetzlichen Rahmen.
„Die Digitalisierungsgesetzgebung aus dem Jahr 2024 hat erste Grundlagen geschaffen, doch jetzt brauchen wir ein Gesetz für eine zukunftsfähige Registerlandschaft“, betonte Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin von Pharma Deutschland. „Nur, wenn wir Datensilos aufbrechen, können wir das volle Potenzial für Patientinnen und Patienten ausschöpfen.“
In Deutschland existieren bereits über 400 medizinische Register mit wertvollen Patienteninformationen. Heterogene Qualitätsstandards, fehlende Digitalisierung und uneinheitliche rechtliche Rahmenbedingungen verhindern jedoch bislang deren optimale Nutzung.
Registerdaten als Brücke zwischen Forschung und Versorgungsrealität
Die Pharma-Deutschland-Veranstaltung in Berlin brachte Expertinnen und Experten aus verschiedenen Bereichen zusammen, um die Potenziale von Registerdaten zu diskutieren.
„Registerdaten schließen die Lücke zwischen klinischen Studien und der Versorgungsrealität, etwa, indem sie Daten über Patientengruppen, die in klinische Studien nicht eingeschlossen werden, generieren“, erklärte PD Dr. med. Anne C. Regierer vom Deutschen Rheuma-Forschungszentrum Berlin.
Dr. Henning Kleine von AbbVie Deutschland äußerte sich zur Bedeutung medizinischer Register für wissenschaftliche Fragestellungen: „Die vielfältige Registerlandschaft ist eine Chance für die Wettbewerbsfähigkeit des Pharmastandorts Deutschland und kann durch relevante Evidenz aus der klinischen Praxis zu einer besseren Gesundheitsversorgung beitragen. Für bestimmte Fragestellungen sollten Daten aus der Registerforschung auch für Zulassung und Nutzenbewertung anerkannt werden. Hier gibt es eindeutig Bedarf an sachgerechten Weiterentwicklungen der Methoden für die Datenanalysen.“
Somit könnten eine zielgerichtetere Therapieentwicklung und – in Abwesenheit höhergradiger Evidenz – auch eine Wirksamkeitsevaluation unterstützt werden. Sie ermöglichten eine zielgerichtetere Therapieentwicklung und eine realistischere Wirksamkeitsevaluation.
Aus dem Bundesministerium für Gesundheit brachte Ministerialrätin Jana Holland die politische Perspektive ein. „Mit einem Registergesetz wollen wir hochwertige Daten aus Medizinregistern besser für Forschung und Versorgung nutzbar machen und die Datenverknüpfbarkeit fördern. Das Registergesetz kann damit auch einen Beitrag zum Aufbau des Europäischen Gesundheitsdatenraums leisten“, so Holland.
Dr. Thomas Kaiser vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen hob die besondere Eignung der Register für eine agile und langfristig aufwandsreduzierte Forschung hervor, auch mittels registerbasierter randomisiert kontrollierter Studien. Dies erfordere Veränderungen auf Seiten der Industrie: die Abkehr von Einzelstudien und Datenhoheit hin zu kooperativer Forschung über Unternehmensgrenzen hinweg.
Dorothee Brakmann unterstrich die Bedeutung der Registerdaten für Patientinnen und Patienten: „Besonders bei seltenen Erkrankungen, wo klassische Studien oft an ihre Grenzen stoßen, können Register wichtige Erkenntnisse liefern.“ Dabei müssten stets Datenschutz und Patientenautonomie im Mittelpunkt stehen.
Die Bereitschaft in der Bevölkerung, Gesundheitsdaten für die Forschung zur Verfügung zu stellen, ist bereits vorhanden: Laut einer aktuellen Befragung des Pharma Deutschland Gesundheitsmonitors signalisieren zwei von drei Deutschen (67 Prozent) ihre Bereitschaft, persönliche Gesundheitsdaten für die Forschung bereitzustellen, sofern diese gesichert anonymisiert werden. Diese gesellschaftliche Akzeptanz bildet eine wichtige Grundlage für den Ausbau der Registerforschung.
Registergesetz: Ein gemeinsamer Weg zu einer zukunftsfähigen Registerlandschaft
Pharma Deutschland setzt sich für ein Registergesetz ein, das sechs zentrale Aspekte berücksichtigt: einen breiten Datenzugang für Forschungseinrichtungen und Unternehmen, eine technische Infrastruktur zur Verknüpfung verschiedener Datenquellen, klare Rechtsgrundlagen für Datenerhebung und -nutzung, dynamische Qualitätsstandards, Transparenz im Registerverzeichnis sowie eine nachhaltige Finanzierung und Anerkennung der Daten aus der Registerforschung für Zulassung und Nutzenbewertung.
„Die Vorarbeiten liegen vor, jetzt wäre ein guter Zeitpunkt für die nächsten Schritte“, resümiert Brakmann. Ein vernetztes Registersystem würde nicht nur die medizinische Forschung verbessern, sondern auch Deutschlands Integration in die europäische Gesundheitsdatenlandschaft fördern.