Wie zuletzt im BAH um Vier 13/2024 berichtet, hatte das Plenum des Europäischen Parlaments am 18. Januar 2024 positiv über den Bericht über die Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel, in Form eines Entschließungsantrags abgestimmt und seinen finalen Bericht* veröffentlicht. Darin hält es das Europäische Parlament für wesentlich, dass die EFSA und die Kommission die „ausgesetzten“ Angaben über pflanzliche Stoffe in Lebensmitteln im Einklang mit den Bestimmungen der Health-Claims-Verordnung unverzüglich überprüfen und bereits negativ bewertete Angaben aus der Liste der „ausgesetzten“ Angaben zurückzuweisen. Darüber hinaus fordert das Europäische Parlament die Europäische Kommission auf, eine EU-weite Negativliste der in Lebensmitteln verwendeten pflanzlichen Stoffe zu erstellen und zu veröffentlichen.
Danach wurde der Entschließungsantrag an die Europäische Kommission und den Rat der EU (Mitgliedstaaten) weitergeleitet.
Im Follow-up der Europäischen Kommission zur nichtlegislativen Entschließung des Europäischen Parlaments zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel heißt es nun unter anderem, dass die Entschließung feststellt, dass das Hauptziel der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (NHCR) darin besteht, sicherzustellen, dass Angaben über Lebensmittel auf allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und vom Durchschnittsverbraucher verstanden werden. Sie weist auch auf das zunehmende Interesse der Verbraucher an Informationen über Lebensmittel hin, die genau, wissenschaftlich fundiert und aussagekräftig sein müssen (Absatz 2).
Die Entschließung würde daran erinnern, dass die Kommission bis zum 19. Januar 2009 Nährwertprofile hätte erstellen sollen, und würde bedauern, dass der Kommissionsvorschlag noch nicht vorgelegt wurde, obwohl er für 2022 geplant war. Sie würde zudem feststellen, dass die Festlegung von Nährwertprofilen mit spezifischen Nährstoffschwellenwerten für die Verwendung gesundheits- und nährwertbezogener Angaben weiterhin relevant und notwendig sei, um die Ziele der NHCR zu erreichen, und dass bei fehlenden Nährwertprofilen Angaben einen positiven Aspekt eines insgesamt ungesunden Produkts hervorheben könnten (Paragraf 4 und 5). In der Entschließung würde zudem gefordert, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten mehr in die Lebensmittel- und Ernährungserziehung investieren sollten, um Kindern eine gesunde und ausgewogene Ernährung beizubringen (Paragraf 6). Die Entschließung würde sich für die Aufnahme von Schwellenwerten auf Lebensmitteletiketten mit gesundheitsbezogenen Angaben (Paragraf 7) aussprechen und bedauere die Verzögerung des Vorschlags für eine Überarbeitung der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 über die Information der Verbraucher über Lebensmittel (FIC-Verordnung) im Hinblick auf die Entwicklung von Nährwertkennzeichnungen auf der Vorderseite von Verpackungen, die den Verbrauchern helfen sollen, informierte, gesunde und nachhaltige Lebensmittelentscheidungen zu treffen (Paragraf 8).
In der Entschließung werde die Kommission aufgefordert, zu prüfen, ob der Aufgabenbereich der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) erweitert werden könne, um neben der wissenschaftlichen Untermauerung von gesundheitsbezogenen Angaben auch die Bewertung der Relevanz ihrer Verwendung einzubeziehen (Paragraf 9). Ferner werde die Kommission aufgefordert, die Möglichkeit zu prüfen, die Verwendung der nährwertbezogenen Angabe „ohne Zuckerzusatz“ für Produkte einzuschränken, die Süßungsmittel oder einen hohen Gehalt an freiem Zucker enthalten (Paragraf 10).
Die Entschließung würde die fortgesetzte Aussetzung der Bewertung von Angaben über pflanzliche Stoffe missbilligen und würde die Notwendigkeit, die „Warteliste“ zu überarbeiten, unterstreichen. Sie würde die Kommission auffordern, die bereits negativ bewerteten Angaben zurückzuweisen und eine EU-weite Negativliste der in Lebensmitteln verwendeten pflanzlichen Stoffe zu erstellen (Paragraf 15, 16 und 17).
In der Entschließung würde die Kommission ferner aufgefordert, aktualisierte Leitlinien für den Umgang mit Marketingpraktiken zur Umgehung der NHCR bereitzustellen, und sowohl die Kommission als auch die Mitgliedstaaten würden aufgefordert, ein Wissensnetzwerk zur Unterstützung der Arbeitsgruppe für nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben einzurichten, das sich auch mit der Online-Durchsetzung der NHCR befasst (Paragraf 18, 19 und 24).
Schließlich würde in der Entschließung betont, dass sichergestellt werden müsse, dass die NHCR auch in der Online-Umgebung relevant bleibt, insbesondere weil bestimmte schutzbedürftige Gruppen besonders empfindlich auf Informationen über Lebensmittel reagieren könnten, die in sozialen Medien verbreitet würden (Paragraf 21). Es würde gefordert, dass ein wirksamer und EU-weiter Ansatz zur Bekämpfung der Exposition von Kindern und Jugendlichen gegenüber der Werbung und Vermarktung von verarbeiteten Lebensmitteln mit hohem Fett-, Zucker- und Salzgehalt in den Rundfunk- und digitalen Medien gefunden werden müssen. Ferner würde der Bericht die Kommission auffordern, umfassende Leitlinien für die Durchsetzung der NHCR im Internet auszuarbeiten (Paragraf 22 und 23).
Zu Botanicals heißt es im Einzelnen: Paragrafen 15, 16 und 17: Um die Frage der Warteliste für pflanzliche Stoffe zu klären, leitete die Kommission eine Bewertung der NHCR ein, die sich unter anderem auf die gesundheitsbezogenen Angaben über pflanzliche Stoffe konzentrierte. Der 2020 fertiggestellte Evaluierungsbericht kam zu dem Schluss, dass es angebracht sein könnte, den Begriff der „traditionellen Verwendung“ bei der Bewertung der Wirksamkeit gesundheitsbezogener Angaben sowie die Auswirkungen der Koexistenz traditioneller pflanzlicher Arzneimittel auf dem EU-Markt mit denselben pflanzlichen Stoffen zu untersuchen. Darüber hinaus kam der Bewertungsbericht zu dem Schluss, dass es sinnvoll ist, die potenzielle EU-Harmonisierung im Bereich der pflanzlichen Stoffe, einschließlich des Sicherheitsaspekts, weiter zu untersuchen und das Funktionieren des Binnenmarktes zu verbessern. Die weiteren Schritte im Anschluss an die Bewertung werden sich an den Prioritäten der nächsten Kommission orientieren.
Die Kommission möchte betonen, dass die Bewertung zu dem Schluss kommt, dass die Sicherheit von Lebensmitteln, die Pflanzen enthalten, durch den EU-Rechtsrahmen für Lebensmittel, die bestehenden nationalen Vorschriften und die Anwendung des Verfahrens nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 1925/2006, mit dem die Sicherheit bestimmter Stoffe in Lebensmitteln bewertet wird, angemessen berücksichtigt wird. Bislang hat die Kommission das Verfahren nach Artikel 8 angewandt, um die Verwendung pflanzlicher Stoffe auf dem EU-Markt aus Sicherheitsgründen einzuschränken oder zu verbieten, und es läuft derzeit für mehrere Stoffe.
Die Antwort der Europäischen Kommission finden Sie im Mitgliederbereich unter dem Pfad Themen Recht Lebensmittelrecht Health-Claims bzw. unterhalb dieses Artikels auf der Webseite.
Pharma Deutschland wird weiter berichten.
Hintergrund Bei dem angesprochenen Bericht* handelt es sich um einen Initiativbericht, der in der Regel dazu dient, die Agenda der künftigen Kommission zu beeinflussen, die in der nächsten Legislaturperiode des Europäischen Parlaments (nach den Europawahlen vom 6. bis 9. Juni 2024) ernannt wurde. Es handelt sich dabei nicht um ein förmliches Beschlussfassungsverfahren, und der Bericht ist in keiner Weise verbindlich.
*In den Bereichen, in denen die Verträge dem Europäischen Parlament ein Initiativrecht einräumen, können seine Ausschüsse einen Bericht zu einem Thema aus seinem Zuständigkeitsbereich ausarbeiten und dem Parlament einen Entschließungsantrag vorlegen. Der Initiativbericht gilt nicht als förmliches Beschlussfassungsverfahren, er kann jedoch in künftige politische Entscheidungen und Gesetzesinitiativen einfließen, da er häufig Aufforderungen an die Kommission enthält, Maßnahmen zu ergreifen.
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