Bundesregierung muss nationale Maßnahmen zur Schadensbegrenzung bei Abwasserrichtlinie ergreifen

05.11.2024 Pharma-Industrie schlägt Alarm wegen neuer EU-Richtlinie

Der Rat der Europäischen Union hat heute die überarbeitete kommunale Abwasserrichtlinie (Urban Waste Water Treatment Directive) beschlossen. Die Richtlinie sieht vor, dass mindestens 80 Prozent der Kosten für den Ausbau großer kommunaler Kläranlagen um eine „4. Reinigungsstufe“ von den Herstellern von Human-Arzneimitteln und Kosmetika getragen werden müssen.

Aus Sicht der pharmazeutischen Industrie bedeutet diese neue Regelung, die innerhalb der nächsten zwei Jahre auf nationaler Ebene umgesetzt werden muss, eine unfaire Kostenverteilung. Die Pharmaindustrie warnt eindringlich vor negativen Folgen für den Pharmastandort Deutschland und vor potenziell gravierenden Engpässen bei Arzneimitteln. Der Ausbau und Betrieb der 4. Reinigungsstufe wird die Pharma- und Kosmetikbranche in den kommenden zwei Jahrzehnten mit Milliardenkosten belasten.

Jetzt ist es entscheidend, dass die Bundesregierung, die der Richtlinie trotz aller Bedenken zugestimmt hat, nationale Maßnahmen zur Schadensbegrenzung ergreift. Sie muss sicherstellen, dass die einseitige Belastung der Pharmaindustrie abgemildert wird und die Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit von Medikamenten genau beobachtet werden.

Schwächung des Pharmastandorts Deutschland durch Richtlinie

Es ist unumstritten, dass Kläranlagen so modernisiert werden müssen, dass auch Spurenstoffe aus dem Abwasser gefiltert werden können. Fragwürdig ist jedoch, warum die Kostenlast nur auf zwei Branchen abgewälzt wird, obwohl Verunreinigungen auch aus anderen Bereichen wie Pflanzenschutzmitteln, Reinigungsmitteln und dem Verkehrssektor stammen.

Diese massive Belastung der Pharmaindustrie steht im Widerspruch zum politischen Ziel, den Pharmastandort Deutschland zu stärken. Zudem könnte sie die ohnehin bestehenden Engpässe bei Medikamenten erheblich verschärfen.

Gefährdung der Versorgung mit lebenswichtigen Medikamenten

Alle Bereiche der Arzneimittelversorgung sind von den finanziellen Verpflichtungen betroffen, besonders aber die Generika-Hersteller, die 80 Prozent der Versorgung sicherstellen. Der langjährige Kostendruck hat hier bereits zu Engpässen geführt, und die neue Belastung könnte die Versorgungssituation weiter verschärfen. Da innerhalb des deutschen Erstattungssystems eine Preisanpassung der Medikamente nicht möglich ist, droht die Produktion bestimmter Arzneimittel unwirtschaftlich zu werden, was zu Rücknahmen vom Markt führen könnte.

Die Folgen könnten dramatisch sein. Engpässe bei Krebsmitteln, Diabetes-Medikamenten oder Antibiotika drohen – Medikamente also, die lebenswichtig sind und teils bereits jetzt knapp verfügbar sind.

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