Weckruf statt Notfallplan – Pharma Deutschland fordert die Stärkung des europäischen Pharmamarktes
Heute hat der zuständige EU-Gesundheitskommissar Olivér Várhelyi den bereits zu seinem Amtsantritt angekündigten Critical Medicines Act (CMA) zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der EU vorgelegt. Aus Sicht von Pharma Deutschland braucht die europäische Gesundheitsversorgung jedoch nicht nur einen Notfallplan, sondern auch eine nachhaltige und langfristige Stärkung des EU-Pharmamarktes.
„Natürlich ist es ein wichtiger Schritt, dass mit dem Critical Medicines Act Maßnahmen gegen Lieferengpässe ergriffen werden. Die EU-Gesundheitspolitik braucht aber nicht nur einen Notfallplan. Die Tatsache, dass wir den Critical Medicines Act benötigen, sollte von der Politik auch als Weckruf verstanden werden. Die EU bedarf einer starken Gesundheitsversorgung, die resilienter gegen internationale Krisen ist. Es geht nicht nur darum, besser auf externe Einflüsse vorbereitet zu sein. Die EU muss auch selbst aufhören, die Gesundheitsversorgung in krisenhafte Situationen zu manövrieren. Genau das passiert gerade mit der Kommunalen Abwasserrichtlinie, mit deren Umsetzung die Arzneimittelversorgung der Mitgliedsstaaten ernsthaft gefährdet wird“, erklärt Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin von Pharma Deutschland.
Pharma Deutschland begrüßt den geplanten Critical Medicines Act und betont, dass auch Deutschland dringend konkrete Schritte unternehmen muss, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und die Produktionskapazitäten innerhalb Europas beziehungsweise diversifizierte Lieferketten zu stärken. Positiv zu bewerten ist etwa, dass es bei Vergabeverfahren für kritische Arzneimittel nicht mehr ausschließlich um den Preis gehen soll. Langfristig werden diese Maßnahmen nur dann Wirkung zeigen, wenn Arzneimittel zu einem angemessenen und wirtschaftlich tragfähigen Preisniveau angeboten werden können. Ohne eine nachhaltige Preisgestaltung bleiben alle Bemühungen für eine stabilere Arzneimittelversorgung in Europa – gerade in der Basisversorgung – wirkungslos, denn sie sind von den Herstellern schlichtweg nicht finanzierbar.
Die Ursachen für Arzneimittelengpässe
Die Ursachen für Lieferengpässe sind vielfältig. Hauptgründe sind eine Marktverengung und eine damit einhergehende Abhängigkeit von wenigen Lieferanten für Wirkstoffe. Dies führte zu einem Rückgang der Produktionskapazitäten in Europa. Besonders bei generischen Arzneimitteln – viele davon wichtige Bestandteile der europäischen Gesundheitssysteme – wurde ein Großteil der Wirkstoffproduktion (60 bis 80 Prozent) nach Asien ausgelagert. Der anhaltende Preisdruck in den nationalen Gesundheitssystemen, mit einer auf Kosteneinsparungen getrimmten Beschaffungspolitik, führte dazu, dass es für viele wichtige Arzneimittel nur einen oder zwei Anbieter gibt.