Gefährliche Wissenslücken beim Thema Impfen
Vier von zehn Deutschen sind der Meinung, dass Kinder schon vor der Geburt im Mutterleib und danach über die Milch genügend Abwehrstoffe bekommen. Und noch ein Drittel glaubt, dass Impfungen vermeidbare Risiken für Kinder bilden, zum Beispiel, weil sie das Immunsystem überlasten. Das ergab eine repräsentative Meinungsumfrage des Marktforschungsunternehmens Nielsen im Auftrag des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH) im 4. Quartal 2017 („Gesundheitsmonitor“). Vom 23. bis 29. April findet unter Federführung der World Health Organization (WHO) die Europäische Impfwoche statt.
„Diese Auffassungen widersprechen allen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Bei manchen Erregern gleicht ein Verzicht auf Impfschutz gar einem Spiel mit dem Feuer. Zum Beispiel können Masern-Viren eine Hirnhautentzündung auslösen, die eventuell auch Jahre nach der Ansteckung noch zum Tode führt. Von der Ansteckungsgefahr für andere gar nicht zu reden.“ Darauf macht Dr. Elmar Kroth, Geschäftsführer Wissenschaft beim BAH, aufmerksam.
Insgesamt glaubt laut Gesundheitsmonitor nur jeder Zweite in Deutschland, einen aktuellen Impfschutz gegen Masern zu haben, und nur etwa jeder Dritte gegen Keuchhusten. Dabei empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Institutes gegen Masern und Keuchhusten eine Grundimmunisierung im ersten und zweiten Lebensjahr sowie eine Standard- (Masern) oder Auffrischimpfung (Keuchhusten) im Erwachsenenalter.
Am verbreitetsten sind Impfungen gegen Tetanus (Wundstarrkrampf). Dagegen sind drei von vier geschützt. Häufig zeigt sich auch Unsicherheit, ob der Impfschutz noch aktuell ist oder nicht.
Nicht nur beim Impfen von Kindern ist das Faktenwissen in der Bevölkerung oft löchrig: So ist allgemein mehr als die Hälfte der Bevölkerung davon überzeugt, dass Impfungen ständig wiederholt werden müssen, sollen sie wirklich schützen. Vier von zehn halten die Nebenwirkungen und Risiken für nicht kalkulierbar. Und jeder Vierte denkt, dass Impfungen die Erkrankungen erst verursachen, gegen die sie schützen sollen.
Daraus folgert Kroth: „Offensichtlich müssen wir hier dringend mehr Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung leisten. Dabei denke ich in erster Linie an die Ärzte und Apotheker. Gerade wegen des Schutzes für Kinder sollten wir das Thema sehr ernst nehmen. Wenn sich über eine bessere Aufklärung dann auch die Durchimpfraten steigern lassen, profitiert der am meisten, um den es vor allem geht: nämlich der Patient."
Das gilt insbesondere dann, wenn die Impfung dabei hilft, eine Krebserkrankung zu verhindern. So empfiehlt die STIKO auch eine Impfung gegen Humane Papillomviren (HPV) für alle Mädchen im Alter von 9 bis 14 Jahren. Ziel ist es, die Fälle von Gebärmutterhalskrebs zu verringern.