Erste BAH-Antibiotikakonferenz: Gemeinsam gegen die Ausbreitung von Resistenzen
Denn nur mit Antibiotikavielfalt lassen sich bakterielle Infektionen optimal behandeln. Lösungsansätze dazu diskutiert der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH) heute auf seiner ersten Antibiotikakonferenz in Berlin anlässlich des Europäischen Antibiotikatages.
Weltweit sind in den letzten Jahrzehnten nur wenige Antibiotika aus neuen Wirkstoffklassen entwickelt und zugelassen worden. Das liegt unter anderem an hohen Entwicklungskosten und zu geringen Erträgen, weil innovative Antibiotika meist nur als Reserve zum Einsatz kommen. „Es ist wichtig, den Unternehmen wirtschaftliche Anreize zu bieten, damit sie überhaupt die Entwicklung neuer antibiotischer Wirkstoffe vorantreiben. Dafür muss man bei den Preisen die Sonderstellung dieser Arzneimittel als Reservetherapeutika berücksichtigen. Zudem sollte bei der Nutzenbewertung nach dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) diesen Antibiotika automatisch ein Zusatznutzen zugesprochen werden“, sagt Dr. Hermann Kortland, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des BAH.
Bis ein innovatives Antibiotikum auf dem Markt ist, dauert es viele Jahre. Deshalb ist es unabdingbar, mit den bereits zugelassenen Antibiotika möglichst sachgerecht umzugehen, um die Entwicklung von Resistenzen zu verhindern oder einzudämmen. So sollten Antibiotika grundsätzlich nur bei bakteriellen Infektionen eingesetzt werden. Symptome von viralen Erkrankungen und leichten bakteriellen Infektionen lassen sich hingegen mit rezeptfreien Arzneimitteln lindern oder behandeln.
Dr. Elmar Kroth, Geschäftsführer Wissenschaft beim BAH, erklärt: „Es ist wichtig, dass wir weiterhin Aufklärungsarbeit leisten und den Kenntnisstand zur sachgerechten Verwendung von Antibiotika verbessern. Denn laut einer repräsentativen Gesundheitsmonitor-Umfrage des BAH von Mai/Juni dieses Jahres weiß lediglich jeder Zweite, dass Antibiotika nur bei bakteriellen Infektionen wirksam sind.“
Eine nicht zu unterschätzende Ursache für die Resistenzentwicklung ist auch der vielfach zu unkritische Einsatz von Breitspektrum-Antibiotika. Kroth sagt: „Vorteil der Breitspektrum-Antibiotika ist, dass sie gegen mehrere Bakterienarten wirken. Sie sollten aber nur verwendet werden, wenn die Therapie unverzüglich eingeleitet werden muss. In allen anderen Fällen sollten Schmalspektrum-Antibiotika eingesetzt werden, die spezifisch einen Krankheitserreger bekämpfen. Hierzu ist es allerdings erforderlich, mittels eines Schnelltests den Erreger zu bestimmen. Die Schnelltests sollten dann auch von den Krankenkassen erstattet werden.
Zahlreiche Hersteller von Arzneimitteln mit bewährten Wirkstoffen haben sich in den letzten Jahren aus dem Markt zurückzogen. Die Anzahl der Antibiotika-Hersteller hat in den letzten zehn Jahren um 28 Prozent abgenommen. Die „Zentralstelle für die Auswertung von Resistenzdaten bei systemisch wirkenden Antibiotika (Z.A.R.S.)“ bestätigt, dass die bei ihr angemeldeten Antibiotika im gleichen Zeitraum sogar um 42 Prozent zurückgegangen sind. Kortland erklärt: „Ursache dafür sind die Regelungen zu Festbeträgen und Rabattverträgen. Eine weitere Differenzierung der Festbeträge ist notwendig, da sie bisher für Antibiotika in einem erschreckend niedrigen Bereich liegen. Ein anderes Problem stellen die Rabattverträge dar. Sie drücken die Preise für Antibiotika derart, dass Antibiotika-Hersteller ihre Wirkstoffe entweder in kostengünstigen Ländern produzieren müssen oder sogar ihre Produkte gar nicht mehr anbieten können.“
Mittlerweile haben diese Regulierungen zur Folge, dass für Patienten angenehmere Darreichungsformen von Antibiotika schrittweise vom Markt verschwinden. „Wenn ein Festbetrag wie beim Antibiotikum Ciprofloxacin bei 35 Cent liegt, ist es kein Wunder, dass es sich für die Antibiotika-Hersteller wirtschaftlich nicht lohnt, aufwendige Darreichungsformen zu produzieren, welche die Einnahme für bestimmte Patientengruppen erleichtern“, so Kroth. „Das kann die Therapietreue schwächen. Denn damit steigt natürlich auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Patienten das Antibiotikum verfrüht absetzen.“