Beschluss des G-BA zu Slenyto®: Geringer Zusatznutzen – Erleichterung, aber kein Grund zum Jubeln
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) sieht in dem Kinderarzneimittel Slenyto® mit dem Wirkstoff Melatonin, das zur Behandlung von Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen mit Autismus-Spektrum-Störung und Smith-Magenis-Syndrom zugelassen ist, einen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen. Für die Initiative Arzneimittel für Kinder (IKAM) ist dieser Beschluss von gestern ein Schritt in die richtige Richtung, wenn auch nur ein kleiner. Nun müssen weitere Maßnahmen des Gesetzgebers folgen.
Mit seinem Beschluss hat der G-BA den Weg geebnet, damit im Sinne der EU-Verordnung zu Kinderarzneimitteln nun der GKV-Spitzenverband mit dem Hersteller gemeinsam einen fairen und angemessenen Erstattungsbetrag verhandeln kann. Der G-BA hat sich in seinem Beschluss erfreulicherweise nicht dem Ergebnis der Nutzenbewertung des IQWiG angeschlossen, das noch Mitte April keinerlei Zusatznutzen für die PUMA-Zulassung (Paediatric Use Marketing Authorisation) gesehen hatte.
Diese sehr zu begrüßende Entscheidung birgt dennoch einen Wermutstropfen: Nach wie vor herrscht Unsicherheit, welchen Weg in Deutschland eine neue PUMA-Zulassung beschreitet. Obwohl es sich nicht um ein Arzneimittel mit einem neuen Wirkstoff handelt, sondern um eine patientenrelevante Weiterentwicklung eines Arzneimittels mit bekanntem Wirkstoff, ist eine PUMA-Zulassung faktisch eine Neuzulassung und muss das Verfahren der frühen Nutzenbewertung durchlaufen. Dieses unkalkulierbare Risiko für den Unternehmer, keinen Zusatznutzen bescheinigt zu bekommen, beeinflusst die Entscheidung für eine Entwicklung.
Dr. Andreas Franken, Geschäftsführer der IKAM, meint dazu: „Unübersichtliche regulatorische und politische Hürden bei Arzneimitteln mit PUMA-Zulassungen führen dazu, dass Unternehmer sich oft bereits im Vorfeld gegen die Entwicklung eines dringend benötigten Kinderarzneimittels entscheiden, das eine identifizierte Versorgungslücke schließen könnte. Ich appelliere an die Politik und die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, Hersteller von Kinderarzneimitteln auf ihrem Weg zu begleiten und zu unterstützen, um die Therapie für erkrankte Kinder zu verbessern.“
Der Geschäftsführer der InfectoPharm Arzneimittel und Consilium GmbH, Dr. Markus Rudolph, kommentiert die Entscheidung des G-BA so: „Der positive Ausgang der Nutzenbewertung von Slenyto ist sehr erfreulich. Mit Slenyto können wir einem unmet medical need in der Behandlung chronischer Schlafstörungen bei autistischen Kindern und Jugendlichen wirksam begegnen.“ Nun kann der bereits in Leitlinien empfohlene Wirkstoff in einer kindgerechten Darreichungsform zu Lasten der GKV verordnet werden, so Rudolph.
Trotz des erfreulichen Ausgangs des Verfahrens bei Slenyto® hat jüngst der negative Ausgang der Nutzenbewertung von Alkindi®, einer anderen PUMA-Zulassung, gezeigt, dass der Wille und die Anstrengung eines Unternehmers, speziell für Kinder erprobte Medikamente zu entwickeln, nicht selbstverständlich von Politik und Selbstverwaltung anerkannt werden.
Allen im Gesundheitswesen beteiligten Akteuren sollte es ein wichtiges Anliegen sein, die Therapieoptionen für Kinder zu verbessern und Hersteller von Kinderarzneimitteln bei der Entwicklung und Produktion dieser Präparate zu unterstützen. Nicht nur der G-BA und die darin vertretenen Organisationen, auch der Gesetzgeber sollte dieses Ziel verfolgen. Mit der Markterlaubnis für die pädiatrische Nutzung unterstützen die Europäische Kommission und die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) Hersteller von Kinderarzneimitteln. Auf nationaler Ebene begegnen den Herstellern jedoch regulatorische und politische Hürden, die der Entscheidung für eine Entwicklung entgegenstehen.